Meine Erfahrungen mit meiner Traumatherapie mit Somatic Experiencing®

Vor einiger Zeit hatte ich mal einen Beitrag dazu verfasst, dass ich bald eine Traumatherapie machen würde, da ich merkte, dass es noch Themen gab, die ich mir nochmal anschauen wollte.

Heute möchte ich erzählen, was daraus geworden ist, was die Traumatherapie mit Hilfe von Somatic Experiencing gebracht hat und wo ich deswegen heute stehe.

So viel sei schon mal gespoilert: Ich fühle mich das erste Mal in meinem Leben irgendwie “ganz” und habe endlich das Gefühl, meine Geschichte wirklich verarbeitet zu haben.

Aber erstmal von vorne…

Meine ersten Lebensjahre

Um zu verstehen, warum ich überhaupt eine Traumatherapie gemacht habe, möchte ich kurz ausholen.

Meine ersten Lebensjahre, die entscheidenden 6-7 Jahre zu Beginn, waren nicht nur schlecht. Aber sie waren geprägt von einigen familiären Ereignissen, die mich nachhaltig beeinflusst haben.

Da war zum einen die Depression meiner Mutter, die sie in die Ehe mit meinem Vater “gebracht” hatte und die verhinderte, dass meine Mutter emotional so für mich da sein konnte, wie ich es gebraucht hätte.

Zum anderen war da die erste Krebserkrankung meines Vaters (ich war nur wenige Monate auf der Welt, vielleicht 1 Jahr, als er die Diagnose erhielt). Er bekam die “volle Packung” Chemotherapie, kämpfte um sein Leben und gewann den Kampf gegen den Krebs. Aber auch er konnte dadurch nicht so für mich da sein, wie ich es gebraucht hätte.

Als ich etwa sechs Jahre alt war, trennten sich meine Eltern. Meine Mutter zog aus und fortan sah ich sie nur noch am Wochenende. Ich erinnere mich daran, wie sehr mein Herz jeden Sonntag Abend brach, als sie uns zurückfuhr und wie oft ich weinte und mich manchmal sogar an sie klammerte in diesen Momenten, um bei ihr bleiben zu können.

Hinzu kamen Ereignisse wie z.B. dass meine Mutter mich als Baby in die Küche steckte und schreien ließ, weil sie nicht mehr konnte (ich habe in den ersten Monaten meines Lebens viel geschrien).

Oder auch die Situation, als ich einen Fehler gemacht hatte und mein Vater nach meiner Rückkehr nach Hause (ich war bei einer Freundin gewesen) wegen dieses Fehlers sofort auf mich zugestürzt kam und mir den Hintern versohlte. Ich hatte gar keine Chance, mich zu erklären und wurde von diesem Angriff völlig überrascht. Zum Glück blieb dieser Vorfall eine Ausnahme, dennoch habe ich ihn nie vergessen.

Meine ersten Lebensjahre waren also geprägt von Krankheiten, Verlusten und existenziellen Ängsten. Klar, nicht nur: Natürlich gab es auch schöne, liebevolle, geborgene Momente. Aber die Grundenergie der ersten Jahre meines Lebens war eher: Angst.

Aufarbeitung der Erlebnisse durch klassische Gesprächstherapie

In meinem Leben habe ich insgesamt drei Therapien gemacht: eine mit 19 Jahren, eine mit Mitte 20 und eine weitere mit Mitte 30.  Die Anlässe waren immer unterschiedlich, die Themen waren aber doch oft sehr ähnlich bzw. es kamen immer wieder die “alten Kamellen” auf den Tisch.

Es gab immer noch Aspekte, die noch unbearbeitet waren, auch wenn ich bereits in einer anderen Therapie darüber gesprochen hatte. Was völlig ok ist und die Therapien haben mir auch jedes Mal geholfen.

Aber wie ich auch schon auf meiner “Über mich”-Seite geschrieben habe: Ich hatte immer das Gefühl, dass da was fehlt. Dass ich durch die Bearbeitung der Themen ausschließlich auf mentaler bzw. Verstandesebene nicht alle Ebenen erreiche, die es braucht, um nachhaltig das Gefühl zu haben, dass ich mich dem Thema meinen Frieden gemacht habe.

Es ging sogar so weit, dass ich eine ganze Zeit lang an mir zweifelte, ob nicht in den Tiefen meines Unterbewusstseins eine unentdeckte Missbrauchserfahrung zu finden sei (nein, war sie nicht!). Ich hatte das Gefühl, dass da noch mehr als “nur” die Trennung meiner Eltern sein musste, die mich so belastete. Es konnte doch nicht “nur” das sein…

Bis ich eine wichtige Entdeckung machte…

Meine Entdeckung

2022 machte ich die Ausbildung zur Coach im “NeuroEmbodied Soul Centering®” (kurz: NESC) bei Britta Kimpel. Im Rahmen dieser Ausbildung sprachen wir auch über Trauma. Das ist ein Thema, an dem man nicht vorbeikommt, wenn man über das autonome Nervensystem spricht, auf dem die Ausbildungsmethode basiert.

Ich hatte mich schon vorher mit dem Nervensystem in meiner Yogalehrerausbildung befasst (allerdings im Hinblick auf Stress, nicht im Hinblick auf Trauma, wobei beide Themen sehr nah aneinander liegen und viel miteinander zu tun haben) und natürlich auch schon von Trauma gehört. Nur hatte ich, wie die meisten Menschen, so “große” Traumata wie Missbrauchserfahrungen, Vergewaltigung, Krieg, Naturkatastrophen etc. im Kopf, wenn es um Trauma ging.

In der NESC-Ausbildung lernte ich dann eine neue Sichtweise kennen, die meiner Erfahrung nach heute auch zunehmend Anklang in der Wissenschaft und der “breiteren Masse” findet. Nämlich dass man von Trauma nicht nur bei diesen großen Ereignissen spricht, sondern auch bei vermeintlich kleinen Situationen, die ein Trauma auslösen können.

Dazu zählen alle Situationen, in denen die eigene Sicherheit gefährdet war und ein Verlust von Kontrolle erlebt wurde.

Hinzu kommt die neue Dimension der Bindungs- und Entwicklungstraumata:

Während sich ein Entwicklungstrauma auf einschneidende Belastungen in den ersten Lebensjahren bezieht, geht es beim Bindungstrauma um Störungen in der Beziehung zur Bezugsperson, die uns hindern eine sichere Bindung zu erleben und damit unsere Beziehungsfähigkeit nachhaltig beeinträchtigen können. Beides hängt im Grunde untrennbar zusammen, da sich eine Bindungsstörung immer auch auf die Entwicklung auswirkt.

Quelle: https://www.bindungstrauma-bonn.de/was-ist-ein-bindungstrauma

Plötzlich machten alle meine Erfahrungen Sinn! Nehmen wir die Erfahrung, als mein Vater ohne Vorwarnung auf mich einschlug: Es war eine Situation, in der ich um mein Überleben fürchtete und auf die ich keinen Einfluss hatte. Es geschah einfach, ohne dass ich etwas dagegen hätte tun können.

Ich bin so froh, dass der Trauma-Begriff inzwischen breiter wurde, denn ich konnte so erkennen, dass auch ich traumatisiert war, auch wenn ich nie z.B. vergewaltigt worden war. Dabei geht es nicht darum, zu allem im Leben zu sagen “TRAUMA!” Eine Marginalisierung des Begriffs ist sicher nicht hilfreich. Ebenso wenig ist es aber hilfreich, allen Menschen, die nicht ein “großes” Trauma erlebt haben, ihre tatsächlichen Gefühle und Erfahrungen abzusprechen und klein zu reden, so unter dem Motto “Ach, das ist doch nicht so schlimm.”

Das erste Mal in meinem leben hatte ich das Gefühl: “Hey, mit mir ist doch alles ok und nein, es liegt nicht eine verborgene krasse Erfahrung unentdeckt in meinem Unterbewusstsein! Ich habe einfach Erfahrungen gemacht, die die Kapazität meines Nervensystems überschritten haben und darf jetzt schauen, dass diese Erfahrungen sich lösen!”

Und ich verstand auch, warum die “normalen” Psychotherapien mir immer nur bis zu einem bestimmten Grad geholfen hatten. Ich hatte jahrelang daran gearbeitet, alle schmerzhaften Erfahrungen auszugraben und sie auf Ebene des Verstandes zu analysieren. Das war auch wichtig und richtig, denn wenn uns etwas bewusst ist, können wir es besser verstehen. Aber eben nur gedanklich verstehen.

Der Körper entzieht sich aber jeglicher Logik. Wenn das Nervensystem einmal eine Erfahrung gemacht hat, in der die Sicherheit bedroht wurde, speichert sich diese Erfahrung im Nervensystem. So sehr wir uns auch bemühen: Über den Verstand kommen wir da nicht ran!

Das war für mich das fehlende Puzzleteil, nach dem ich so lange gesucht hatte und der Grund für meine Traumatherapie. Denn bei der Traumatherapie hat die Therapeutin mit Somatic Experiencing mit mir gearbeitet, einer Methode, die auf Ebene des Nervensystems funktioniert.

So lief die Traumatherapie für mich

Ich fand meine Therapeutin zu einem Zeitpunkt, als ich spürte, dass diese ganzen Themen von früher immer noch eine Rolle in meinem Leben spielten und ich sie nun endgültig auf Ebene des Nervensystems für mich lösen wollte.

Ich hatte mich bereits mit Somatic Experiencing befasst und das zu der Methode auserkoren, nach der ich mich behandeln lassen wollte. Eines Abends scrollte ich durch Instagram und einer der ersten Posts war der von meiner späteren Therapeutin. Ich weiß gar nicht mehr, was genau das Thema des Posts war. Ich weiß nur, ich spürte mich SOFORT angesprochen, schaute mich auf ihrer Website um und buchte nach nur kurzem Überlegen ein Kennenlerngespräch bei ihr. Und das, obwohl ich von ihr nie zuvor gehört hatte.

Nach dem Kennenlerngespräch buchte ich erstmal ihre Intro-Session und anschließend ein Paket mit vier Sitzungen (alles online, auch wenn sie selbst auch aus Köln stammt).

Jede Sitzung begann, wie ich es von den anderen Therapien gewohnt war: Ich brachte ein Thema mit, sie stellte mir Fragen dazu und mit jedem Wort drangen wir tiefer. Immer bis zu dem Punkt, an dem ich merkte, dass mein Körper auf das reagierte, was gerade Thema war.

Ich spürte immer wieder meine Stressreaktion darauf und sanft und behutsam half die Therapeutin mir, die Stressreaktion meines Körpers auszuhalten und durch mich durchfließen zu lassen. Bis zu dem Punkt, wo alles von mir abfiel und ich spürte, dass sich merklich etwas gelöst hatte.

Ich erinnere mich daran, dass einmal das Thema mit dem Schreienlassen als Baby dran war. Und auch noch an die Sitzung, als ich die “Prügelsituation” mit meinem Vater noch einmal erlebte.

Natürlich war es nicht schön. das noch einmal zu durchleben. Aber es hat sich gelohnt! Denn wenn ich heute an die Situation mit meinem Vater denke, reagiert mein Körper nicht mehr mit Angst und Stress. Ich sehe die Situation vor meinem inneren Auge, spüre Bedauern darüber, dass das passiert ist, bleibe aber sonst “neutral” innerlich.

Mein Körper hat verstanden: Hier ist keine Gefahr mehr im Verzug, also kann ich locker bleiben!

Mein Fazit zur Traumatherapie

Bis heute bin ich so dankbar für diese Erfahrung, die mir das Gefühl von Ganzheit gibt, die ich so lange gesucht habe. Ich wusste vom Kopf her um diese Situationen, aber mein Körper hatte immer noch das alte Reaktionsmuster gespeichert, das ich nicht einfach durch Bewusstseinsarbeit oder bloßen Willen durchbrechen konnte.

Die Traumatherapie hat mir geholfen, diese alten Muster aufzubrechen und dafür zu sorgen, dass mein ganzes System sich wieder in Sicherheit wähnt. Das gibt mir das Gefühl, “ganz” zu sein und mich im Leben ganz anders und viel ruhiger und sicherer zu bewegen, als ich es je getan habe.

Ich selber habe nur diese vier bzw. fünf Sitzungen mit der Therapeutin gebraucht, um diese alten Reaktionsmuster im Nervensystem aufzulösen. Erst dachte ich, ich bräuchte noch weitere Sitzungen, aber bisher ist der Wunsch, nochmal ein paar Sitzungen zu machen, nicht wieder aufgetaucht.

Denn ich habe jetzt einfach das Gefühl, dass die grundlegenden Themen meines Lebens, die mich jahrelang beschäftigt haben, geklärt sind.

Nein, ich mache mir keine Illusionen darüber, vollständig “geheilt” zu sein und nie wieder mit diesen Themen in Berührung zu kommen. Es gibt Themen, die immer nochmal hochkommen (z.B. die Trauer über den Tod meines Vaters, was übrigens auch eine Trauma-Erfahrung für mich war) oder sich auch in ein anderes Gewand kleiden und “getarnt” in einem anderen Zusammenhang wieder auftauchen.

Wenn ich merke, dass da was ist, was mich tief beschäftigt und was ich nicht alleine für mich lösen kann, mache ich ein Coaching. Wie z.B. letztes Jahr (also 2023), als ich mir Unterstützung geholt habe, um meine Angst und Trauer darüber, wieder in eine Anstellung zu gehen und die volle Selbstständigkeit zu verlassen, zu bearbeiten.

Ich merke aber, dass diese ganz tiefen Themen wie die Gewaltsituation mit meinem Vater oder die Trennung meiner Eltern und die damit einhergehende Verlusterfahrung nicht mehr so tief sitzen und in mir keinen großen Stress mehr auslösen. Traurigkeit ja. Stress nicht. Und das zeigt mir schon, dass die Themen, die so lange so viel Einfluss auf mein Leben hatten, nun einfach als Erfahrungen in meinem Leben da sein dürfen, ohne dass sie mich gleich in den Abgrund ziehen.

Meine Botschaft an dich

Worum es mir u.a. in diesem Beitrag geht, ist dir Mut zu machen. Ich bin nicht gerade mit dem goldenen Löffel im Mund groß geworden (wenn es natürlich auch immer noch schlimmer geht, ohne Frage!). Oder anders ausgedrückt: Das Urvertrauen, das man in den ersten Lebensjahren normalerweise lernen “sollte”, habe ich in der Form so nicht unbedingt mitbekommen oder nur zum Teil.

Aber: Das Vertrauen kann man sich zurückholen! Früher wurde die Ansicht vertreten, dass alles, was man in den ersten Lebensjahren nicht lernt, absolut verloren ist und man es nicht mehr nachholen kann.

Heute weiß man: Das ist nicht so! Und mein Weg zeigt auch genau das. Klar habe auch ich heute noch Momente, in denen ich unsicher bin, Angst habe und mir Sorgen mache. Aber tief in mir ist dieser Kern, diese unerschütterliche Instanz, die mir sagt “Es ist alles gut und du bist sicher!”

Ich habe ein tiefes inneres Vertrauen in mir, das mich trägt und das es mir ermöglicht, insgesamt doch sehr zuversichtlich auf mein Leben und in die Zukunft zu blicken. Weil ich weiß, dass mir so schnell nichts passieren kann. Und weil ich weiß, dass ich auch schwierige Situationen zukünftig bewältigen kann, wie ich es in der Vergangenheit geschafft habe.

Es war ein langer, harter Weg bis hierhin. Aber ich bin froh, ihn gegangen zu sein und heute sagen zu können: “Ich vertraue dem Leben voll und ganz!”

Und wenn du in einer ähnlichen Situation steckst wie ich zuvor, kann ich dich nur ermutigen, dranzubleiben und deinen Weg zu gehen. Der innere Frieden wird kommen – wenn du dich dem Schmerz stellst, der in dir ist. Viel Kraft und Erfolg für DEINEN Weg! 💖

 

Namasté
Deine Claire

Kommentar

  1. Isabella

    Liebe Frau Oberwinter,

    können Sie mir bitte Ihre Therapeutin aus Köln nennen.

    Vielen Dank im Voraus!

    Grüße, Isabella

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